Kreativität und Ideenfindung zählen - neben der Literaturgeschichte des 19.Jahrhunderts zu den Schwerpunkten unseres 3.Bandes des Lehrwerks Mehr als Deutsch. Im Vorwort wird deren Bedeutung anhand einer Anekdote nahegebracht:

 

Vor einiger Zeit hatte einer unserer Schüler - nennen wir ihn X - im Deutschunterricht ein Referat zu halten, Thema: "Die ethische Verantwortung der Naturwissenschaft".

Aus Lehrer-Sicht schien alles klar: X sollte zunächst den Begriff "Ethik" (etwa mit Hilfe eines Lexikons) klären. Dabei würde er schnell darauf stoßen, dass man darunter ein moralisches Wohlverhalten versteht. Dazu würde ihm sicher einfallen, dass es einen Widerspruch gibt, zwischen dem, was der Einzelne will, und dem, was für die Allgemeinheit gut ist.

 

Ein Beispiel: Für die Gentechnik wäre es ein toller Erfolg, Menschen nach Maß zu züchten. Für uns andere, altmodisch geborene Leute wären solche Maß-Menschen aber bald ein Problem...

Dafür würde er weitere Beispiele aus der Naturwissenschaft suchen, etwa die Frage der Sterbehilfe. Dort angelangt, würde unser Schüler X dann die letzte, zu erwartende Frage aufwerfen: Nämlich, ob es möglich ist, wirkungsvolle Gesetze für solche Probleme aufzustellen. Für anregenden Diskussionsstoff schien also vorgesorgt.

Es nahte der Termin des Referats, da erschien X, nebenbei gesagt ein ernsthafter, ehrlicher Typ, und bedauerte kleinlaut, er könne das Referat nicht halten. Auf die Frage "Warum?" nannte er einen entwaffnenden und simplen Grund: "Ich habe die ganze letzte Woche im Internet den Suchbegriff 'ethische Verantwoltung der Naturwissenschaft' eingegeben und nichts gefunden!"


Diese Pointe macht die Geschichte berichtenswert: Warum war X gescheitert? Ganz einfach: Er hatte für das ihm gestellte Problem nur eine einzige, (zu) einfache Antwort: Internet.
Und dort wandte er eine einzige (zu) einfache Methode an: Er gab die ganze Formulierung als Suchbegriff ein und hoffte, der Computer würde eine passende Lösung ausspucken. Und als die nichts half, war's aus! Er interessierte sich zu wenig für verschiedene Mittel und Wege  zum Ziel.

 Die Psychologie drückt das anders aus. Sie sagt: X dachte konvergent - und nicht divergent. Divergentes Denken bedeutet, etwas in verschiedene Richtungen auszuprobieren. Und mit Geschick und Glück kommt bei der Vielzahl möglicher Lösungen sogar eine heraus, die ganz neuartig ist. Dann schlägt das divergente Denken in eine neue Qualität um: in Kreativität.

 

Warum erzählen wir das alles? Weil diesmal Themen wie divergierendes Denken und Kreativität den wichtigsten Schwerpunkt bilden. Immerhin nähern Sie sich unaufhaltsam dem Ende Ihrer Schullaufbahn. Sie verfügen schon über ein ansehnliches Allgemeinwissen, aber Sie haben doch auch noch ein wenig Zeit, in der es Ihr Hauptberuf ist, täglich gebildeter zu werden!


Wann, wenn nicht jetzt, ist der Zeitpunkt gekommen, um sich ins Abenteuer der Kreativität zu stürzen? In einem Fach wie (Mehr als) Deutsch wird das gefordert und gefördert!