Salamanca lädt zum Lösen von allerlei Rätseln ein.

 

Hohe Schulen, Sandstein und sehr viele Frösche

 

Im Print erschienen in den

Salzburger Nachrichten

 

Frösche. Überall kleine Frösche. Was anderen Städten ihre Mini-Eiffeltürme, Zier-Gondeln und Mozartkugeln sind, das sind für Salamanca die grünen, stieläugigen Amphibien. Zu Tausenden stehen sie in Reih und Glied in den Souvenirläden, sie schauen von Postkarten, und viele von ihnen tragen Brillen und Doktorhüte. Warum? Dieses Rätsel wird vor dem Hauptportal der Universität gelöst. Dort stehen nämlich stets Hundertschaften von Touristen und suchen unermüdlich nach dem berühmtesten Frosch der Stadt. Den hat ein Scherzbold von Steinmetz im 16.Jahrhundert klitzeklein unter die zahllosen Verzierungen der Fassade geschmuggelt, und die Volksweisheit besagt, dass Studenten, welche den Frosch finden, bei all ihren Prüfungen erfolgreich sind.

 

Plateresk heißt dieser spanische Renaissance-Baustil, abgeleitet vom Silberschmied, dem platero, weil er von fein gearbeiteten Figuren und Ornamenten überquillt. Nach einem Selbstversuch können wir allerdings nur einen Rat geben: Für Prüfungen zu lernen, scheint einfacher als den Frosch am Uni-Portal zu finden.

 

Gleich zwei traditionsreiche hohe Schulen hat Salamanca, die rund 150.000 Einwohner zählende Hauptstadt der spanischen Provinz Kastilien-León, gute 200 Autobahnkilometer und zweieinhalb Zugstunden nordwestlich von Madrid: eine päpstliche mit theologischen Fächern und vor allem natürlich die 1218 gegründete Universität Salamanca, eine der ältesten Europas. 1492 musste Kolumbus hier seine Pläne für eine Erdumrundung Richtung Westen begründen, ein frühneuzeitliches Hearing gewissermaßen. Im historischen Teil der Universitas Studii Salamanticensis mitten in der Altstadt mit seinen dämmrigen, original erhaltenen Hörsälen kommt eine Ahnung von jener Zeit auf, als Rhetorik noch ein Basisfach war und Vortragende ganz auf sich allein gestellt faszinieren mussten, ohne Headset, Beamer und Präsentationsprogramm.

 

...und dann die vielen, vielen Kirchen!


Ein paar Schritte weiter findet sich das nächste Fassaden-Rätsel, diesmal an der Kathedrale. Dort hat man die humoristischen Suchbild-Aufgaben in die Gegenwart fortgeschrieben. Diesmal mit einem Astronauten und einem Eis schleckenden Drachen. Eigentlich befinden wir uns ja in einer Doppel-Kathedrale.

Die alte, aus dem 12.Jahrhundert, erwies sich nämlich als zu klein, und so baute man seit dem 16.Jahrhundert eine zweite, größere dran. Die wahre Dimension dieses die Stadt beherrschenden Gebäude-Komplexes erschließt sich vor allem von oben, in Form einer Dach-Wanderung.

 

Eine Stunde lang lässt es sich dort herumkraxeln, zwischen Türmen, Säulen und Plattformen mit faszinierenden Einblicken ins Innere der Kirchen und Ausblicken über den breit und flach und träge fließenden Rio Tormes mit seiner zweitausend Jahre alten Römerbrücke, dem Puente Romano, die sich heute Liebespaare und Radfahrer teilen, hinüber in die neuen Viertel der Stadt.

 

Das lädt natürlich geradezu ein zu einem Gegenblick von unten, vom Fluss hinauf. Wenn möglich in der Dämmerung. Dann drängt sich die Altstadt nämlich besonders malerisch rostrot und sandsteinern um die Kathedrale ganz oben.

 

Salamanca jenseits von Fröschen und Katholizismus

 

Gut auch, dass das automobilgeschichtliche Museum gleich bei der Römerbrücke bis 20 Uhr offen hat, so lässt sich der Abstieg in die Unterstadt Salamancas mit einem Besuch dort verbinden.

 

In einer revitalisierten Fabrik stehen über hundert Originale vom Beginn des spanischen Automobilbaus um 1900 über den 1975er Cadillac des Diktators Franco bis zum Formel 1-Boliden, mit dem Fernando Alonso 2006 zur Weltmeisterschaft fuhr. Das alles erledigt man am besten zu Fuß und in einem Aufwaschen.

 

Denn zwei Dinge werden Salamanca-BesucherInnen schnell klar: Ein Auto ist in dieser Stadt nicht nur überflüssig sondern sogar hinderlich.

Und: Jeden Meter, den man hinunter geht, muss man wieder bergauf steigen.

 

Bergab heißt auch wieder: bergauf!

 

Unterbrechen lässt sich diese Rückkehr in die Altstadt bequemerweise in der nahe gelegenen Casa Lis, einem privaten Jugendstil-Museum, das weitere schöne Ausblicke ermöglicht und ebenfalls bis in den Abend hinein offen hat.

 

So treffen wir zur besten spanischen Abendessens-Zeit, also ab neun Uhr abends, oben an der Nummer eins der Sehenswürdigkeiten ein, der Plaza Mayor, die vielen als der schönste Platz Spaniens gilt.

An der Stirnseite des 1755 vollendeten Ensembles steht das üppig gegliederte Rathaus, rundherum verläuft ein Laubengang. 4.400 Quadratmeter, 247 Balkone und 96 Obelisken listet der Reiseführer auf. Und 89 Medaillons von berühmten Persönlichkeiten.

 

Wer mag, kann sich nun via Handy und Google an die Lösung eines letzten Rätsels machen, nämlich wer die, abgesehen von einschlägig bekannten wie Hernan Cortez oder Teresa von Avila abgesehen, aller waren.

 

In den dreigeschossigen Häusern rund um den Platz drängen sich neben Wohnungen, Büros und Hostels natürlich unzählige Lokale. Womit wir beim Spaß-Faktor wären:

Nun, mehr als 40.000 Studierende, davon ein Gutteil Erasmus-Studenten aus halb Europa, Gäste aus Lateinamerika und Spanisch-Lernende in den vielen Sprachschulen, prägen Salamancas Nachtleben natürlich gewaltig und lassen zwischen traditionsreichen Kaffeehäusern, Tapas Bars und Irish Pubs kaum einen Wunsch offen.Außer vielleicht den, bei der Tapas-Auswahl neben köstlichen Béchamel-Röllchen und frittierten Fischchen die eine oder andere Spezialität vom berühmten kastilischen Schwein besser nicht bestellt zu haben.

 

Denn dagegen wird eine steirische Klachlsuppe zur reinsten Diät-Speise. Aber bueno, beim vielen Bergauf und Bergab in der Stadt, stehen die Chancen gut, das alles wieder abzutrainieren...